Wer schon einmal von uns auf einer Messe wie der Internet-World, CeBit oder ähnlichem war, kennt die Gespräche mit den Anbietern von Shopsystemen. Ob der Begriff "professionell" oder "Enterprise" fällt, immer meinen die Verkäufer die Versionen ihrer Software, die explizit nicht als Open-Source oder Community-Edition gelabelt werden. Die Nachfrage, ob die Community-Edition nicht professionell [programmiert] wurde, wird dann meist mit einem "so hab ich das nicht gemeint" beantwortet. Das stiefmütterliche Behandlung ihrer Community/OS-Versionen machte mich stutzig und regte zum Nachdenken an.
Auf den Publikumsmessen werden wir im CMS-Garden immer wieder von Besuchern nach OS-Shopsystemen befragt. Sie finden die Initiative des CMS-Garden überzeugend und hoffen dann auf unsere kompetente Beratung in Hinblick auf ihre Shopthemen. An dem einen oder anderen Abend in unserer Gemeinschaftsunterkunft hatten wir Gärtner dann schon über den Shop-Garden phantasiert. Wie toll wäre es, die Shop-Communities würden uns "communityfremden" dabei helfen, die richtigen Fragen zu formulieren, deren Beantwortung uns auf die zwei oder drei Shopsysteme führt, die wir uns dann näher ansehen würden. Nicht zu vergessen, dass wir uns das natürlich auf für Linux-Distributionen wünschen :)
Glücklicherweise gibt es einmal im Jahr das ecommerce-camp in Jena. Nachdem ich in 2016 bereits die Gelegenheit fand und dort meine ersten Berührungen mit der ecommerce-Community in Deutschland machen konnte, war ich 2017 erneut dort.
2016 war mein persönliches Fazit bzgl. der Mogelpackung(en), dass es tatsächlich ein weiter Weg im ecommerce hin zu einer echten OS-Community ist. Nach meiner Session hatte ich zwei Teilnehmer, die mir versprachen, sich des Themas für ihre Community anzunehmen. Kein Geheimnis: im gesamten Folgejahr wurde nichts geliefert. Und ich hatte schon extra darauf hingewiesen, dass es eine erste, neutral formulierte Übersicht der am Markt befindlichen OS-Shopsysteme und -frameworks tun würde.
Mir wurde in den Gesprächen immer wieder gesagt, dass es ja total toll wäre, wenn die Shophersteller konsequent Open-Source und nicht nur in Teilen quelloffen wären. Aber mit Hinweis auf Geldverdienen und ein Shop halt ein Shop wäre und überhaupt. Und alle wären ja irgendwie auch Wettbewerber und bei Shops geht es halt um Geld und Budget. Naja. Die Community erschien mir halt eher verträumt "das wäre wirklich schön" aber halt nicht konsequent und vor allem selber nicht abschließend überzeugt, dass Open-Source überhaupt ein gangbarer Weg wäre.
Entsprechend ernüchtert verließ ich 2016 das Camp und dachte nicht weiter über Shop-Garden nach.
Als unermüdlicher Optimist (und weil ich zwischenzeitlich mehrere Gespräche mit Norbert von aimeos hatte), hatte ich mich entschlossen auf das #eccj17 zu gehen. Während ich 2016 noch einen Sessionslot ergattert hatte, waren 2017 innerhalb von 15 Minuten alles Slots belegt. Ich konnte mich also auf das angebotene Programm konzentrieren und die Vielfalt der Themen genießen. Aber eigentlich ist an solchen Camps ja das miteinander Sprechen sowieso das interessanteste.
Und siehe da, die Stimmung kippt aktuell in der ecommerce-Community. Aus dem Träumen von wie toll wäre es, haben sich handfeste Anforderungen ergeben. Im Ergebnis hörte ich immer wieder davon, dass das verschlüsseln von PHP-Modulen per ioncube nicht mehr erwünscht ist. Es ist in vielen Projekten bereits ein KO-Kriterium für den Einsatz der Module. Ändert der Hersteller nicht seine Politik, muss er den Markt verlassen. Siehe da: man hört auf seine Kunden. Auch wenn nicht gleich aus einem unverschlüsselten PHP-Modul ein Open-Source-Modul wird, ein weiterer Schritt ist getan. Jetzt würde es nur noch darum gehen, vertrauen in die Anwender zu finden und neue Geschäftsmodelle aufzusetzen.
Immer wieder erlebte ich auch die Faszination und Freude der Teilnehmer, dass hier kein Wettbewerb untereinander sondern Austausch über Best-Practice untereinander stattfinden würde. Menschen finden zueinander. Vertrauen wächst. Wenn die Teilnehmer des #eccj17 jetzt noch ihre Chefs dazu kriegen. Ecommerce-Community - ihr könnt das.
2018 bin ich auf jeden Fall wieder dabei :)
- eCommerce-Camp - nicht verpassen und für das nächste Jahr vormerken!
- aimeos.org - ecommerce-Framework unter einer LGPLv3 Open-Source-Lizenz
- Shopware - stellt seine Premium-Plugins quelloffen zur Verfügung. Nicht zu verwechseln mit dem Open-Source-Verständnis, das wir so üblicherweise haben.
- ionCube - auch mehr so ein Nuller-Jahre-Überbleibsel